Burghard Müller-Dannhausen
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Vieles in Einem
Essay zum Kunst-am-Bau-Projekt für die VR Bank Südpfalz, Landau/Pfalz, 2018
Essay zum Kunst-am-Bau-Projekt
für die VR Bank Südpfalz, Landau/Pfalz, 2018 - Burghard Müller-Dannhausen
created 11.02.2019
Burghard Müller-Dannhausen
Columna
Essay zu einer temporären Installation in der Galerie Abteigasse 1, Amorbach, 2018
Essay zu einer temporären Installation 
in der Galerie Abteigasse 1, Amorbach, 2018 - Burghard Müller-Dannhausen
created 27.06.2018
Henrike Ingenthron
Farbwald – Farbwelt
Introduction to the exhibition at the Katrin Hiestand Gallery on June, 6 2015
Introduction to the exhibition at the 
Katrin Hiestand Gallery on June, 6 2015 - Burghard Müller-Dannhausen
created 14.06.2015
Burghard Müller-Dannhausen
The Colour Forest
An Artistic Contribution to the State Garden Show 2015 in Landau in der Pfalz
An Artistic Contribution to the State Garden Show 2015 
in Landau in der Pfalz - Burghard Müller-Dannhausen
created 14.06.2015
Helmut Kesberg
Kontraste
Introduction to the exhibition at Kunstverein Frechen, 2014
Introduction to the exhibition
at Kunstverein Frechen, 2014 - Burghard Müller-Dannhausen
created 16.10.2014
Birgit Sommer
Bildraum
Introduction to the exhibition at Kunstverein Neckar-Odenwald, 2014
Introduction to the exhibition
at Kunstverein Neckar-Odenwald, 2014 - Burghard Müller-Dannhausen
created 16.10.2014
Burghard Müller-Dannhausen
The Colour Wall
Essay on the mural in the main axis of Rems-Murr-Klinikum Winnenden, 2013
Essay on the mural in the main axis
of Rems-Murr-Klinikum Winnenden, 2013 - Burghard Müller-Dannhausen
created 16.10.2014
Burghard Müller-Dannhausen
Zur Farbwand
Speeches to the competition on the mural of Rems-Murr-Klinikum Winnenden, 2013
Speeches to the competition on the mural
of Rems-Murr-Klinikum Winnenden, 2013 - Burghard Müller-Dannhausen
created 16.10.2014
Burghard Müller-Dannhausen
Zu dieser Ausstellung
Introduction to the exhibition at Kunstverein Radolfzell, April 29, 2012
Introduction to the exhibition 
at Kunstverein Radolfzell, April 29, 2012 - Burghard Müller-Dannhausen
created 16.10.2014
Burghard Müller-Dannhausen
Das Bild-Objekt „Illusion“
Essay on an art concept for the „incubator“ of Metron AG at Brugg/Aargau, Switzerland
Essay on an art concept for the „incubator“
of Metron AG at Brugg/Aargau, Switzerland - Burghard Müller-Dannhausen
created 16.10.2014
Jochen Ludwig
Der offene Rahmen
Press release on the art concept for Museum für Neue Kunst, Freiburg i. Br., 2011
Press release on the art concept for
Museum für Neue Kunst, Freiburg i. Br., 2011 - Burghard Müller-Dannhausen
created 16.10.2014
Burghard Müller-Dannhausen
The Walking Horizon
Essay on the art concept for Gallery on Lex at the Grand Hyatt New York, 2011
Essay on the art concept for Gallery on Lex
at the Grand Hyatt New York, 2011 - Burghard Müller-Dannhausen
created 16.10.2014
Burghard Müller-Dannhausen
Was ist Bildhaftigkeit?
Essay für den Katalog „Bilder“ zur Ausstellung in der Städtischen Galerie Zwickau. 1995
Essay für den Katalog „Bilder“ zur Ausstellung
in der Städtischen Galerie Zwickau. 1995 - Burghard Müller-Dannhausen
created 16.10.2014
Peter Bentel
On the Silent Plenitude of Painting
A Response to Burghard Müller-Dannhausen’s Work (from an exhibition catalog 1992)
A Response to Burghard Müller-Dannhausen’s Work
(from an exhibition catalog 1992) - Burghard Müller-Dannhausen
created 16.10.2014
Reinhard Kohler
Versuch über bemerkenswerte Eindrücke
Katalogtext zur Ausstellung im Landesmuseum Oldenburg 1992
created 16.10.2014

This text is only available in the original German.


Begegnungen


Die Akademie war damals ein ziemlich desolater Haufen. Die einzigen durchsetzungsfähigen Regeln wurden vom Hausmeister bestimmt, Kunst kam von Chaos. Und ich meine dies weder zynisch noch wertend. Es war der Geist der frühen siebziger Jahre an der Städelschule in Frankfurt. Im Spannungsfeld revoltierender und angepaßter Studenten fiel ein Mensch auf, den man eher in der Verwaltung vermutet hätte: unauffällig gekleidet, mit Aktentasche, in der man Vesperbrot und Thermosflasche erwarten konnte, die aber DIN A4-Blätter, Lineal und Plakafarben enthielt. Er setzte sich, nachdem er zirka 30 Minuten im Museum nebenan Kunst betrachtet hatte, an einen kleinen Tisch und begann aus Quadraten entwickelte Farbsysteme auszumalen, begleitet vom oberflächlichen Gedudel eines amerikanischen Radiosenders.

Mehrere Jahre später, die Akademiezeit war überwunden, traf ich Burghard Müller-Dannhausen in einem Geschäft für Künstlerbedarf und wurde Zeuge eines absolut präzisen Pigmenteinkaufs. Besondere Wertschätzung hatten alle die Pigmente für ihn, die ein gutes Deckvermögen aufweisen. Dann folgte eine Bestellung von Keilrahmen bis maximal 180 cm Seitenlänge, Leinwand, Grundierung und Acryl. Das Klebeband, das er brauchte, hatte der Laden nicht.

Im Dezember 1991 besuchte ich ihn zu Hause an seinem Arbeitsplatz. Es wäre ein völlig falsches Bild, wenn ich sagen würde, ich besuchte ihn in seinem Atelier. Ich wurde in einen zirka 9 m2 großen und 210 cm hohen Kellerraum geführt: Kunstlicht, die Wandflächen ausgenutzt mit Regalen für alles mögliche, auch für Keilrahmen, Leinwand und Farben. Die größte Regalfläche war mit Zeitungsseiten zugehängt, lauter auf dem Kopf stehende Stellenanzeigen. Davor hing ein 85 x 80 cm großes Tafelbild. Es war das erste Original, welches ich seit drei Jahren von ihm sah. Ein kleiner Tisch, einige Farbspritzer, zwei Stühle, und der Raum war fast voll. Wir begannen zu sprechen über die Kunst, seine Kunst. Wohl auch über das Leben. Alles geschah sehr konzentriert. Seine Stimme blieb gleichmäßig freundlich und vermittelnd. Das Bild hing lange am Regal. Wir aßen zu Mittag. Nach einem kleinen Verdauungsspaziergang am Main, wieder im Haus angekommen, stiegen wir unters Dach in eine Kammer. Ich konnte kaum aufrecht stehen, saß in einem Sessel in der Ecke und er am Schreibtisch unter einem Dachfenster mit Nordlicht. Hier entstehen seine Bilder. Er erklärte mir die Arbeitsabfolge und Entwicklung. Voller Staunen blickte ich in einen Kasten für 6x6 cm große Dias, voll mit etwa 2500 aufgestrichenen Farbmischungen deckender Töne. Dann ein Häufchen weiße DIN A4-Blätter. Auf ihnen lagen drei bis fünf farbige Muster aus dem Farbarchiv. Die Auswahl dieser Farben entsprachen seiner Bildvorstellung, waren also in ihm schon Bild geworden. Daneben ein Stapel DIN A4-Papiercollagen. Die aus der Farbauswahl nachgemischten Töne wurden auf Papier aufgestrichen, in geometrische Formen geschnitten, und einem bestimmten Raster folgend, an- und übereinandermontiert. Zuletzt einige Kästchen mit unterschiedlich proportionierten farbigen Papiercollagen, nicht größer als Buchabbildungen, aber die Quintessenz seiner Arbeit. Diese Blätter entsprachen in Proportion, Formen und Farben dem Originalbild. Der Eindruck, welchen mir diese kleinen Arbeiten gaben, überstieg das; was ich Bildentwurf nennen würde. Eigentlich sind dies seine Bilder. Wir gingen noch einmal zurück in den Keller; wo er mir abschließend 10 bis 12 Leinwände zeigte. Und es leuchtete mir ein; daß die Vergrößerung und Umsetzung in eine solidere Technik das Bild potenzieller machen.


Bilderlebnis

Formen und Farben organisieren die Bilder. Die Formen von grundlegender Einfachheit ebenso wie die verstiegenen Muster weisen auf zugrundeliegende Systeme hin. Durch Aneinanderreihen, Kippen der Flächen und ihre Überschneidungen bilden sich Rhythmen, aber auch splitternde Strukturen. Der durch die Konstrukte erzeugte Raum ist minimalisiert, scheibchenhaft vor der universalen Räumlichkeit des Weiß, verstärkt durch den Ausschnittcharakter der Bilder. Sie umfangen den Kopf, erregen aber den ganzen Körper; da es keine Mitte zu geben scheint. Das Zentrum ist das ganze Bild. Versuche ich den scharfen Grenzen und Kanten zu folgen, verliere ich mich im Labyrinth der Konstrukte. Hier aber auch stoßen die Farben aneinander, und folge ich diesen, so tauche ich in eine Atmosphäre von Farbklangrhythmen. Ich sehe deckende Farbtöne. Keinerlei transparente Modulation oder malerische Tiefe umfängt mich. Alles ist ganz und gar Fläche. Die Töne sind erstaunlich konkurrenzlos. Sie besitzen eine nahezu wertfreie Gleichgewichtigkeit. Nichts drängt sich auf; kein Ton wird verdrängt. Trotz des Kunststoffcharakters der Acrylfarbe scheint in den Tönen selbst ein inneres Licht zu wohnen.

Indem er konkrete Mittel der Tafelmalerei anwendet; erzeugt Burghard Müller-Dannhausen auf die purste Weise Transzendenz als eine Erfahrung; welche er Poesie nennt.

Peter Reindl: Burghard Müller-Dannhausen:
„Farbkonstrukte 1974–1990“
Katalogtext zur Ausstellung im Landesmuseum Oldenburg 1992
Katalogtext zur Ausstellung im Landesmuseum
Oldenburg 1992 - Burghard Müller-Dannhausen
created 16.10.2014